Philosophie: Dem Heinerhofbauern sein Knecht über den sinkenden Durchschnitt

Dem Heinerhofbauern sein Knecht – Foto: Heinerhofbauer

Wenn es ein Jahr gibt, sagt dem Heinerhofbauern sein Knecht, in dem der Durchschnitt weiter gesunken ist, dann ist es das heurige. Überall sinkt der Durchschnitt, sagt er.

von Max Erdinger

Was für ein Durchschnitt? Der Intelligenzdurchschnitt. Das Gute daran ist, sagt der Knecht, daß dadurch die Überdurchschnittlichkeit schon knapp über dem Trottel anfängt. Und daß man nicht alles immer nur negativ sehen soll. Ohne einen sinkenden Intelligenzdurchschnitt, sagt dem Heinerhofbauern sein Knecht, könnten nicht so viele Leute erkennen, um welche Lichtgestalten es sich bei den diesjährigen Kanzlerkandidaten handelt. Gewählt werden muß aber einer. Wenn die Leute so intelligent geblieben wären wie früher, stünden wir zuletzt mit einem Kanzler da, den niemand gewählt hat. Eine Absenkung des Durchschnitts ist also systemerhaltend, meint er.

Ein Strafverfahren hat er auch am Hals, dem Heinerhofbauern sein Knecht. Weil er den Tierarzt mit dem Ochsenfiesel aus dem Kuhstall hinausgeprügelt hat. Der hat ihn dann wegen Körperverletzung angezeigt. Der Heinerhofbauer gibt aber dem Knecht recht. Er selbst hätte den Tierarzt auch aus dem Stall hinausgeprügelt, weil: Trotteltum schön und gut, aber wenn es an den Kühen hinausgeht, dann ist Schluß mit lustig. Es ist ihm wurscht, ob der Tierarzt ein Engländer ist, der Wheeler heißt und in die entfernte Verwandtschaft eingeheiratet hat. Er hätte auch den alten Doktor Kuhnlechner aus dem Tal unten aus dem Stall hinausgeprügelt, wenn er einen solchen Scheißdreck mit den Kühen veranstaltet hätte. Hat er aber nie in seinem langen Berufsleben.

Der Wheeler sei im Januar zuletzt dagewesen, alles normal durchschnittlich. Damals hätte er behauptet, daß man die Rindviecher nicht so viel impfen soll, weil mit mehr Impfung auch mehr verschiedene Kuhstallviren entstehen. Vergangene Woche habe er dann das genaue Gegenteil behauptet. Je mehr Rindviecher geimpft werden, desto schwieriger sei es für neue Kuhstallviren, sich zu entwickeln. Wenn er sich nicht sicher ist, der Wheeler, sagt der Heinerhofbauer, dann soll er halt sein Maul halten. Auf den Knecht läßt er da nichts kommen.

Dem Heinerhofbauern sein Knecht hat nämlich die Rechnung vom Wheeler bereits neben dem Impfkoffer liegen sehen, während der Viechdoktor, der englische, die erste Spritze aufgezogen hat. Dann hat er gewußt, woher der Wind weht. Zufällig sei halt gerade der Ochsenziemer zur Hand gewesen, obwohl es auf dem Hof schon lang keine Ochsen mehr gibt. Recht geschrien haben soll er, der veterinärische Teegernseher, als er vom Hof ins Tal hinunter geflüchtet ist, halb rollernd, halb humpelnd. So ein Ochsenfiesel ziehe schon saumäßig, wenn man damit eine übergezogen bekommt. Jedenfalls braucht sich der Tierarzt, der englische, auf dem Hof nie mehr blicken zu lassen. Das nächste Mal jagt er ihm sonst die Mistgabel in den Arsch, dem geldgeilen Viechdoktor, diesem hereingeschmeckten Inselaffen, dem englischen, sagt dem Heinerhofbauern sein Knecht. Der kann so viel Schmerzensgeld fordern wie er will. Das macht ihm nichts aus. Er wartet einfach bis die Inflation weiter angestiegen ist und verkauft dann sein altes Moped. Einer von den Großkopferten aus dem Tal wird es schon kaufen, weil denen das Geld für den Sprit nie ausgeht, sagt der Knecht.

Außerdem, sagt der Knecht, daß er glaubt, es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Spritpreis und der Intelligenz. Je weiter die Intelligenz fällt, sagt er, desto höher wird der Spritpreis. Und daß es nicht so aussieht, als hätte das eine mit dem anderen nichts zu tun, wenn man sich anschaut, wie der hohe Spritpreis begründet wird. Weltklimarettung über den Spritpreis, sagt dem Heinerhofbauern sein Knecht, sei der Beweis dafür, daß sogar die Trottel, die das Weltklima retten wollen, immer noch blöder werden – und daß man alle Hoffnung fahren lassen müsste angesichts der anderen Trottel, die glauben, daß so etwas hinhaut. Ein Glück sei es halt, daß die Überdurchschnittlichkeit jetzt schon auf einem niedrigeren Niveau beginnt. Und daß man deshalb nicht alles immer nur negativ sehen soll.

Ein Jammer sei das mit der Inflation trotzdem, sagt der Knecht, weil er sich an den Bergwanderern, die sich am Hof vorbei zum Gipfel hinaufquälen, eine goldene Nase verdienen könnte, wenn die Inflation nicht seinen ganzen Gewinn fressen würde. Die Bienen seien dieses Jahr fleißig gewesen. Für ein Steingut-Töpfchen mit seinem „Impfhonig“ verlangt der Knecht 30 Euro – und der Honig geht weg wie verrückt. Der Heinerhofbauer hatte ihm einen eigenen Hofladen eingerichtet, damit sich der Knecht ein Zubrot zu seinem Knechtslohn verdienen kann. Im Tal unten hat sich der Knecht Etiketten drucken lassen, die er mit Leim auf die Steingut-Töpfchen picht. Das schaut mordsmäßig gesund aus, wenn man so ein Töpfchen in der Hand hält und liest, was außen draufsteht. „Impfhonig – die BIO-Vorbeugung aus den Bergen. Gegen Impfnebenwirkungen„.

Er selbst hat es ja nicht so mit der Imkerei, sagt der Knecht. Und daß die Bienen woanders fleißig gewesen sein müssen. Den Honig kauft er im Gastronomie-Großhandel unten im Tal und füllt ihn dann in seine Steingut-Töpfchen um. Einen satten Rabatt hat er auch ausgehandelt. Reingewinn pro Töpfen 23 Euro. Und dann diese Inflation. Aber man muß das nicht nur negativ sehen, sagt der Knecht. Wenn die Durchschnittsintelligenz noch weiter fällt, erhöht er die Preise und läßt sich neue Etiketten drucken, auf denen dann „Impfhonig extrastark“ draufsteht.

Solche Leute wie dem Heinerhofbauern sein Knecht sind ein Lichtblick in diesen Zeiten.